Steckbrief

Felix –

Stand-up-Paddling, reitende Klavierstimmer & Steingraeber

 

Seit wann spielst du Klavier?

Die ersten Tasten habe ich vermutlich mit 2 Jahren gedrückt. Den ersten Klavierunterricht habe ich dann mit 6 Jahren bekommen. Meine Liebe zur klassischen Musik habe ich allerdings erst so richtig mit etwa 19 Jahren entdeckt. Vorher hatte ich vor allem eine Vorliebe für Hip-Hop.
Inzwischen bin ich musikalisch recht breit aufgestellt, der Schwerpunkt liegt aber doch bei der Klassik.

 

Liegt das Klavierspielen in der Familie?

Ja, mein Vater hat bis vor einem Jahr in Würzburg an der Musikhochschule Klavier unterrichtet und ist auch selbst klassischer Pianist. Von ihm habe ich auch meinen ersten Klavierunterricht bekommen, inklusive von ihm selbst komponierter Stücke für den Einstieg.

Lustigerweise liegt nicht nur das Klavierspielen in der Familie, sondern auch ein ganz bestimmtes Flügelmodell. Wir haben eher zufällig dreimal einen Bösendorfer Modell 200 in der Familie. Mit diesem Flügel bin ich quasi aufgewachsen. Das prägt.

Kannst du dich an ein bestimmtes Konzert von deinem Papa erinnern?


Da gab es mal eins, als ich knapp über 20 war, in einem Kloster in der Nähe von Würzburg. Er hat dort mit anderen Musikern zusammen das “Quartett für das Ende der Zeit” von Olivier Messiaen gespielt. Das hat mich nachhaltig geprägt.

Die Atmosphäre in diesem Kloster, der genius loci sozusagen und die intensive Musik haben das Konzert am Ende zu einem wunderbaren Gesamtkunstwerk gemacht, welches mir auch noch 2 Jahrzehnte danach in Erinnerung geblieben ist.

 

Wie bist du dazu gekommen, Klavierbauer zu werden?

Diesen Bösendorfer zu Hause zu haben, war irgendwie selbstverständlich. Das kannte ich von klein auf, der war einfach da. Als dann, mit 19 Jahren etwa, mein eigenes Klavier mal wieder gestimmt wurde, habe ich den Klavierstimmer gefragt, welchen Beruf er denn gelernt hätte.

 

Klavierbauer, aha – dass das Instrument auch jemand bauen musste, war zuvor einfach nicht so klar in meinem Kopf. Bei diesem Stimmtermin hat er auch mein damaliges Klavier begutachtet und meinte, dass da noch mehr gehe.

Letztendlich hat er mich zu einer anderen Klavierbauerin mitgenommen, die auch Instrumente verkauft hatte. Diese hat mein altes Klavier behalten und mir ein neues verkauft. Aber sie hat mich dazu auch noch gefragt: “Wie wäre es mal mit einem Praktikum?” Das habe ich dann ein paar Jahre später gemacht.

Du hast allerdings erst einmal Kunststofftechnik studiert?

Ja, ich dachte mir, dass wenn ich schon Abitur mache, sollte ich auch studieren. Kunststofftechnik hat sich zu dem Zeitpunkt wahnsinnig interessant angehört, wenn ich mir vorgestellt habe, neue Materialien zu entwickeln. Es schien mir ein Beruf mit Zukunftsperspektive zu sein. Aber es lag mir letztendlich einfach nicht, und das habe ich auch recht schnell gemerkt.

Das Praktikum bei der Klavierbauerin hatte ich schon zwischen dem Ende meines Zivildienstes und dem Studienbeginn absolviert. Ich hatte den Beruf des Klavierbauers also schon zuvor auf dem Schirm. Nach Abbruch des Studiums habe ich dann meine Ausbildung bei Steingraeber & Söhne in Bayreuth begonnen. Daniel hat übrigens auch genau dort seine Ausbildung gemacht, kam aber weit später, als ich schon wieder weg war

 

Wie lange bist du bei Steingraeber & Söhne in Bayreuth geblieben?

Nach 10 Jahren in Bayreuth bin ich für 2,5 Jahre nach Montreux gegangen und war bei einem Klaviergeschäft hauptsächlich im Aussendienst tätig. Das hatte den Vorteil, dass ich auf diese Weise einen Teil der Schweiz kennenlernen konnte.

Unsere Kunden waren nicht nur in Montreux und Umgebung, sondern auch in Genf, im Jura oder im Wallis – teilweise an ganz abgelegenen Orten in den Bergen. Eine Kundin wohnte in Zürich, bei ihr war ich nach meinem Wechsel zu Piano Sigrist auch mal wieder zum Stimmen. Die Welt ist manchmal klein.

Wusstest du, dass Beni mal überlegt hat, sich ein Pferd anzuschaffen, um zu Stimmterminen (an abgelegenen Orten) zu reiten?

Nein, aber das habe ich mir tatsächlich auch schon einmal ausgesponnen. Ich habe früher mal kurzzeitig Reitstunden genommen, und dann ist “der reitende Klavierstimmer” mal als Idee aufgeploppt.

Vielleicht sind Beni und ich auch unabhängig voneinander auf diesen Gedanken gekommen, weil fast alle Klavierbauer, die ich kenne, auf eine meistens positive Art auch ein bisschen verrückt sind.

Wie hast du damals von Piano Sigrist gehört?

Über Mund-zu-Mund-Propaganda. Die Familie Sigrist hat sich 2018 dazu entschlossen, nach etwa 20 Jahren als Ein-Mann-Betrieb, ein kleines Team aufzubauen. 3 verschiedene Menschen erzählten mir unabhängig voneinander davon. Ich wollte ohnehin aus verschiedenen Gründen den Betrieb wechseln und habe mich an verschiedenen Orten vorgestellt. Bei Piano Sigrist hat es auf Anhieb gepasst.

Jens Schlichting war übrigens eine der 3 Personen, die mir Piano Sigrist empfohlen hatten. Sein Werkstattkonzert letztens bei uns habe ich mir auch angehört. Im Aussendienst sehe ich oft, wie Eltern alles dafür tun, damit ihr Kind Klavierspielen kann. Aber auch als Erwachsener sollte es nicht zu spät sein. Das hat Jens auch erkannt und bietet Kurse für erwachsene (Wieder-)Einsteiger an.

 

Hast du selber mal ein Konzert gespielt?

Ja, ich bin einmal mit einem Orchester zusammen aufgetreten und habe die „Rhapsody in Blue“ von George Gershwin gespielt. Witzigerweise hat sich das ebenfalls durch den Klavierstimmer damals ergeben, der mir auch das Praktikum bei der Klavierbauerin vermittelt hat.

Das Stück hatte ich damals geübt, aber ohne die Absicht, es jemals aufzuführen. Da meinte der Klavierstimmer so zu mir: “Sag mal, willst du das mal im Konzert spielen? Ich kenne die Dirigentin des Musikvereins im Dorf, und die wollen genau dieses Stück aufführen und suchen noch einen Pianisten.” Gefragt, getan.

Und wer spielt momentan im Team am besten Klavier?

Nicole natürlich!

Wie teilst du deine Woche auf?

Montag bis Donnerstag bin ich in der Regel im Aussendienst bei Musikschulen, Familien, ambitionierten Hobbypianisten und auch Profimusikern unterwegs. Freitag ist dann mein Werkstatttag mit dem Team. Ich würde, weder nur Werkstatt noch nur Aussendienst machen wollen und finde es schön hier die Möglichkeit dazu zu haben beides zu kombinieren.

Was genau machst du im Aussendienst?

Aussendienst bedeutet hauptsächlich Klaviere und Flügel zu stimmen (meist 4 Stück pro Tag) und Kleinreparaturen durchzuführen. Eine gerissene Saite ersetzen, klemmende Tasten wieder richten oder manchmal gibt es komische Nebengeräusche beim Spielen. Dann versuche ich herauszufinden, woher diese kommen.

Nicht gerade selten entstehen störende Nebengeräusche nicht wegen des Klaviers an sich, sondern durch Gegenstände im Raum. Da ist zum Beispiel eine Lampe, die mitschwingt, oder etwas, das im Regal steht.

Braucht man ein gutes Gehör als Klavierstimmer?

Ja, braucht man, selbst wenn man eine Stimmsoftware wie zum Beispiel Cybertuner verwendet. Die Software kann nicht alles für einen erledigen, und das Ohr hört immer mit – man kann es ja nicht ausschalten. Dennoch macht das Hören nur etwa 50 % der Arbeit aus. Die anderen 50 % bestehen aus handwerklichem Können.

Das extrem feine Justieren der Stimmwirbel ist etwas, das man nicht in einem Wochenendkurs lernt. Es braucht Jahre, um das nötige Gespür zu entwickeln, und es entwickelt sich kontinuierlich weiter. Jedes Klavier ist in seinen Feinheiten individuell. Vom Aufbau her sind sie zwar mehr oder weniger gleich, aber jedes reagiert doch anders. Ursprünglich habe ich das Klavierstimmen nach Gehör gelernt. Inzwischen möchte ich nicht mehr auf die Stimmsoftware verzichten.

Was berechnet die Stimmsoftware?

Je nachdem wie lang oder kurz und dick oder dünn eine Saite ist, umso mehr weichen die Obertöne vom theoretischen Ideal ab. Das nennt sich Inharmonizität oder Teiltonverstimmung. Deswegen nehme ich 5 bis 6 Referenztöne von jedem Instrument individuell auf. Die Software errechnet anhand dieser Probetöne die Abweichung und berechnet daraufhin die sogenannte Stimmkurve. Die Treffergenauigkeit ist dabei extrem hoch.

Wie setzt du die Stimmung letztendlich praktisch um?

Mit minimalen Drehbewegungen, die ich mit einem Stimmhammer an den Stimmwirbeln mache. Letzteres sind Metallstifte mit einem ganz feinen Gewinde, die wiederum in einem ziemlich massiven Holzblock, dem Stimmstock stecken.

An den Stimmwirbeln sind die Saiten mit einer sehr hohen Spannung angebracht. Über die Stimmwirbel reguliert man sowohl die Saitenspannung, als auch die Spannungsverhältnisse in den unterschiedlichen Saitenabschnitten. Ein üblicher Stimmtermin dauert dann insgesamt ungefähr 1,5 Stunden.

Was kann man noch machen, um die Stimmung zu erhalten?

Bei jeder Stimmung lasse ich ein Hygrometer laufen, das die Temperatur und Luftfeuchtigkeit misst. Eine ideale Luftfeuchtigkeit liegt zwischen 40 und 60 % und ist das Wichtigste für eine gute Stimmhaltung. In der Regel sind Räume eher zu trocken.

Und diese Luftfeuchtigkeit ist wahrscheinlich auch gut für die Gesundheit?

Ganz genau. Wenn die Luftfeuchtigkeit zu gering ist, merke ich es immer schnell an der Stimme, die wird dann kratzig oder die Haut wird trocken. Eine Luftfeuchtigkeit zwischen 40 und 60 % ist gut für sich selber und sein Klavier. Manchmal empfehle ich, einen Luftbefeuchter zu installieren. Wenn ein Instrument nach einem Jahr in der Tonhöhe stark abgesunken (oder angestiegen) ist, ist das meist auf die Luftfeuchtigkeit zurückzuführen.

Zu trockene Raumluft zeigt sich häufig auch in Form von Schäden an der akustischen Anlage, zum Beispiel Risse im Resonanzboden oder noch schlimmer im Stimmstock. Letztere können dazu führen, dass ein Instrument unstimmbar wird.

Wie oft muss man ein Klavier stimmen?

Wir empfehlen, ein Instrument einmal pro Jahr zu stimmen. In den meisten Fällen genügt das, allerdings nicht, wenn der Standort ungünstig ist, wenn bspw. die Sonne direkt auf das Instrument scheint oder der Flügel auf der Fussbodenheizung oder neben einem offenen Kamin steht. In solchen Fällen ist neben einem Luftbefeuchter oft häufigeres Stimmen erforderlich.

Hast du einen sportlichen Ausgleich zur Arbeit?

Ich versuche so oft es geht, Stand-up-Paddling auf dem Pfäffikersee oder Zürichsee zu machen. Mittlerweile habe ich meine Tochter auch so weit, dass sie das ganz gerne macht. Das kam plötzlich, dass sie gesagt hat: Hey cool, das macht ja doch Spass. Das nächste Level wäre, dass wir mal einen Fluss in Angriff nehmen.

Abschliessend – was ist geplant für die Betriebsferien Ende Juli?

Ich werde eine Woche lang mit meiner Tochter und der erweiterten Familie plus Hund Urlaub in Italien machen.

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