Steckbrief

Nicole –

Macarons, Chopin & Nachbarfrieden

Wie lange ist Klaviermusik schon Teil deines Lebens?

Mit 9 Jahren habe ich das Klavierspielen angefangen. Wir hatten ein Klavier zu Hause und ich fand es immer so schön, wie meine Mutter darauf gespielt hat. Das wollte ich dann auch können.

Wie bist du darauf gekommen, Klavierbauerin zu werden?

Meine Mutter hat zufällig einen Artikel über ein Mädchen gelesen, welche eine Ausbildung zur Klavierbauerin gemacht hat. Als sie mir davon erzählte, dachte ich mir nur: Das ist der Beruf, den ich lernen möchte. Da war ich gerade mal 13 oder 14 Jahre alt – und letztendlich habe ich die Ausbildung zur Klavierbauerin mit 19 angefangen. Ich wusste eigentlich “schon immer” was ich werden wollte.

Und war es dann schwierig, eine Lehrstelle zur Klavierbauerin zu finden?

Ja, schon, da es nur etwa 4 Ausbildungsplätze pro Jahr in der Schweiz gibt. Bis ich einen fand, habe ich auch ein Jahr lang in der Kita gearbeitet und überlegt als Alternative Klavierlehrerin oder Schreinerin zu werden – ich wollte schon immer eher praktisch arbeiten.

Aber die Geduld hat sich gelohnt – ich habe mich auf die Stellenausschreibung von Piano Sigrist beworben, bin zum Schnuppern vorbeigekommen und dann hat’s tatsächlich geklappt. Im August 2019 habe ich meine 4-jährige Lehre angefangen und diese im Sommer 2023 erfolgreich abgeschlossen. Den oder die nächste:n Lernende:n nehmen wir für einen Ausbildungsbeginn im Sommer 2025 an.

Bist du während der Ausbildung auch regelmässig in der Berufsschule mit deinen Klavierbaukollegen zusammengekommen?

Ja genau, das waren immer spannende 2 Wochen 5x im Jahr mit Gleichgesinnten zusammen in einer Unterkunft in der Nähe von Konstanz. Tatsächlich ist das immer ein ganz interessanter Mix aus Lernenden – da nicht nur Klavierbauer, sondern auch Blasinstrumentenbauer und Orgelbauer in der Berufsschule zusammenkommen. Man lernt sich wirklich ganz anders kennen, als wenn man nur einmal pro Woche in der Berufsschule ist.

Ich war auch zweimal auf Stimmwettbewerben in Deutschland und habe da ein paar deutsche Klavierbauer:innen kennengelernt. Das war ganz interessant zu sehen, wie gut ich im Vergleich zu etwa 29 anderen Lernenden im Klavierstimmen war.

Wie sieht denn eine typische Arbeitswoche für dich aus?

Dienstags bis freitags bin ich in der Werkstatt – das heisst den Grossteil meiner Arbeitszeit verbringe ich vertieft darin, Instrumente zu reparieren. Oftmals kommen teure Flügel zu uns, deren Besitzer eine starke Bindung zu Ihren Instrumenten haben und deswegen gerne in die Reparatur für genau dieses Instrument investieren.

Wenn ein Instrument den Weg zu uns in die Werkstatt auf sich nimmt, bleibt es schon gerne mal 2 – 4 Monate bei uns. Roy, Daniel, Léia & ich verbringen viel Zeit zusammen in der Werkstatt. Grundsätzlich arbeitet jeder von uns an jeweils einem Instrument, das er einige Zeit lang optimiert. Dabei unterstützen wir uns natürlich gegenseitig – Roy z. B. hat besonders viel Geduld dafür, Oberflächen perfekt zu polieren.

Montags bin ich im Aussendienst unterwegs und stimme und repariere Instrumente von Privatpersonen oder Musikschulen vor Ort. Die Mischung aus Werkstattarbeit und Kundenkontakt passt so sehr gut für mich.

Am Schreibtisch sitze ich mal mehr und mal weniger – aber im Durchschnitt wirklich nur etwa eine halbe Stunde pro Woche. Mehr Computerarbeit will ich auch nicht unbedingt machen.

Du und Josias haben auch schon einige Resonanzböden speziell optimiert – für wen habt ihr das schon gemacht?

Für die Zentralbibliothek Zürich haben wir den Resonanzboden eines Steinway-B-Flügels verbessert, sowie gemeinsam mit den Klaviertechnikern des grössten Schweizer Musikgeschäfts Musik Hug den Resonanzboden eines Steinway-A-Flügels komplett überarbeitet.

Für einen Grotrian-Steinweg (Modell 192-V, R) der bei uns im Verkauf steht, haben wir Vorher- / Nachher-Bilder aufgenommen. An der Verteilung des Spezialsandes sieht man gut, wie das Schwingungsverhalten nach einigen Fräsvorgängen am Resonanzboden & Langsteg deutlich optimiert wurde.

Warum habt ihr angefangen, diese spezielle Methode anzuwenden?

Wir haben schon immer experimentiert, wie der Klang von Instrumenten sich noch besser entfalten lässt. Dann sind wir zu dem Schluss gekommen, dass wir noch mehr Potenzial aus Instrumenten herausholen können, speziell aus dem Resonanzboden. Wir haben dafür dann auch mehr Zeit, als Hersteller während der Produktion.

Wir investieren auch grundsätzlich einen Tag in jedes neue Instrument, das wir frisch von Herstellern erhalten, um es noch besser zu machen, bevor es bei uns in den Verkauf geht. In einem Tag lässt sich ein Resonanzboden nicht optimieren, aber ein Stückchen Piano-Sigrist-Handarbeit steckt auch in jedem neuen (!) Instrument, das zum Verkauf steht.

So klingen z. B. Steingraeber-Instrumente etwas anders – in unserer Wahrnehmung besser – als wenn man sie direkt vom Hersteller kaufen würde. Wir haben bisher gutes Feedback zu diesem besonderen ”Piano-Sigrist-Klang” von Kunden erhalten.

Du organisierst 1x im Monat ein Werkstattkonzert – wie läuft dies typischerweise ab?

Ab 18 Uhr können die Besucher zu unserer offenen Werkstatt vorbeikommen. Wir zeigen an aktuellen Instrumenten, welche Reparaturen wir durchführen. Man kann das Innere von Instrumenten begutachten, was insbesondere für Privatpersonen, die eher weniger über Klaviere wissen, einen neuen Einblick bietet. Um 19 Uhr geht dann das eigentliche Konzert los. 

Bisher fand ich das Beethovenkonzert von Daniel Heide besonders schön – aber es sind noch viele weitere tolle Pianisten bis November 2024 in Planung. Einige Leute kommen tatsächlich auch jeden Monat zu unseren Werkstattkonzerten, um regelmässig Klaviermusik auf hohem Niveau zu geniessen.

Für Häppchen und Getränke vor und nach dem Konzert ist ebenfalls gesorgt. Dafür fragen wir immer unterschiedliche Anbieter an, wie z. B. eine lokale Molkerei, ob sie uns Brötchen, Suppen, Salate o. Ä. bereitstellen können.

Du bist den ganzen Tag von hochklassigen Instrumenten umgeben – welches spielt sich am besten?

Die zwei, die ich richtig schön finde, sind der Steingraeber Flügel C-212 & genau wie Léia den Shigeru Kawai SK-6 Flügel. Diese beiden haben einen tollen Klang und das Spielgefühl sagt mir einfach sehr zu.

Hast du selber ein Klavier zu Hause?

Derzeit leider nicht – da scheitert’s gerade hauptsächlich am Platz in meiner Wohnung. Aber realistisch gesehen, stelle ich mir für die Zukunft ein klassisch schwarzes Klavier von Kawai mit einem Stummschaltungssystem bei mir zu Hause vor. So bewahre ich mir den Nachbarfrieden. Vielleicht würde ich dieses auch erst einmal mieten, um die Kosten auf ein paar Monate zu verteilen.

Wie genau funktioniert ein Stummschaltungssystem?

Vor die Hammerköpfe wird eine Leiste angebracht, damit diese nicht mehr an die Saiten schlagen, sondern vorher gestoppt werden. Sensoren in den Tasten messen, wie der Anschlag des Pianisten war und der entsprechende Ton wird elektronisch erzeugt.

So fühlt man weiterhin die Tasten eines echten Klaviers, aber der Ton wird an Kopfhörer übertragen, wie viele es vom Keyboardspielen kennen.

Diesen Mechanismus kann man am besten verstehen, wenn man ein Instrument von innen sieht. Wir zeigen diesen manchmal an einem aktuellen Beispiel vor unseren Werkstattkonzerten, wenn Besucher neugierig sind.

Bist du auch Metal-Fan wie Léia oder was ist dein Ausgleich zur Klaviermusik?

Tatsächlich höre ich privat ebenfalls am liebsten klassische Klaviermusik. Ich übe auch ab und zu im Geschäft klassische Stücke von Chopin & Co. Mein mentaler Ausgleich ist vielleicht eher das Backen. Das habe ich vor etwa einem Jahr für mich entdeckt – speziell Macarons.

Meistens passiert es, dass ich gleich so viele backe, dass es für meine Familie und für das gesamte Piano Sigrist Team reicht. Ansonsten nehme ich fast jeden Morgen das E-Bike, um zur Arbeit zu kommen und Badminton spiele ich sehr gerne.

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